Peking

13 05 2015

+++ Fahrkartenkauf mit Hindernissen +++ Vietnam gibts wirklich +++ Tiananmen-Platz +++ Verbotene Stadt +++ Chinesische Mauer +++

Hallo zusammen,

Meinen ersten Tag in der Stadt verbrachte ich hauptsächlich mit organisatorischem Gedöns. Problem Nummer eins: Bargeldbeschaffung. Alle Kredit – und EC-Karten von Birgit und mir funktionierten nicht. Also begab ich mich zunächst zu meiner Unterkunft, dem „Beijing City Central Hostel“, gleich am Hauptbahnhof gelegen. Hier traf ich die vier Tschechen vom Vortag wieder und gemeinsam tauschten wir bei der Beijing-Bank Geld um. Dies läuft in China so ab: Nummer ziehen, irgendein kompliziertes Formular mit sämtlichen Daten ausfüllen (u.a. Adresse, Pass- und Telefonnummer), warten bis die Nummer aufgerufen wird, Pass abgeben, Geld abgeben, Formular in dreifacher Ausfertigung stempeln lassen, Geld in neuer Währung empfangen). Dauer pro Vorgang: rund 40 Minuten.

Straßenszene in Peking

Straßenszene in Peking

Mit Bargeld ausgestattet nahm ich Problem Nummer zwei in Angriff: Fahrschein nach Vietnam. In meiner Unterkunft befindet sich auch eine Reiseagentur, die ich mit meinem Ansinnen sogleich belastet habe. Es stellte sich heraus, dass die junge Chinesin nur Inlandsfahrscheine beschaffen kann und ihr zudem Vietnam nicht bekannt war (Auch die Aussprache Hanois auf Chinesisch brachte keinen Erfolg). Erst als sie eine Landkarte hervorkramte und ich mit dem Finger auf Vietnam tippte, stellte sie verblüfft die Existenz dieses Landes fest. Ich suchte also weiter und fand Dank meines Reiseführers einen internationalen Ticketschalter in einem großen Hotel, leider kam ich zu spät und er war bereits geschlossen. Am ersten Abend in Peking ereilte mich ein geplanter dreistündiger Stromausfall. In Ulan Bator kam dies ebenfalls, wenn auch unerwartet, des öfteren vor (Vielen Dank an dieser Stelle an Wigand, Didi und Friedi – die kleine Taschenlampe hat bereits sehr wertvolle Dienste geleistet).

Wo gehts lang?

Wo gehts lang?

Den nächsten Tag habe ich unglaublicherweise komplett mit der Beschaffung der Fahrkarte nach Vietnam verschwenden müssen – am Ende jedoch ergebnislos. Das erwähnte Hotel konnte nur Tickets in die Mongolei und nach Rußland verkaufen. Dafür erhielt ich aber folgende Infos: Von welchem Bahnhof mein Zug fährt, das jeweils einer Donnerstag und Sonntag fährt, die Zugnummer und den Fahrpreis. Zusätzlich bekam ich einen Zettel auf Chinesisch, wo der Name einer weiteren Agentur (sowie der Bus dahin) stand, die Tickets nach Vietnam verkauft und das ich von Peking nach Hanoi will. Auf meine Frage, wohin denn der Bus fahre, lautete die Antwort „Somewhere“. Das war nicht gerade hilfreich in einer Zehn-Millionen-Metropole. Danach suchte ich eine andere Agentur in der Nähe des Theaters, fand selbige allerdings nicht. Dafür sichtete ich ein Reisebüro, die mit dem Werbespruch „Your Global Travel Partner“ warb. Das habe ich gleich mal wörtlich genommen. Mit meinem Reisebilderbuch und dem chinesischen Zettel bewaffnet konnte ich mein Anliegen sogar erfolgreich vortragen. Daraufhin wurde mir erklärt, dass alle Chinesen diese Distanz fliegen würden und keiner auf die absurde Idee käme, für die knapp 3000 Kilometer lange Strecke den Zug zu benutzen. Schlußendlich begab ich mich zum Hauptbahnhof, wo ich natürlich als doofer Ausländer mehrfach am falschen Schalter stand. Als ich nun endlich den internationalen Schalter gefunden hatte (Beschriftung nur auf Chinesisch), wurde mir mitgeteilt, dass Fahrkarten nach Vietnam nur am Westbahnhof verkauft werden. Immerhin gelang mir der Kauf zweier Metro-Fahrscheine am Abend. Acht Stunden bin ich am zweiten Tag durch die Stadt geirrt und hatte immer noch keine Fahrkarte zur Weiterreise.

Am nächsten Tag ging es ähnlich weiter. Am Mittag begab ich mich per Metro zum Pekinger Westbahnhof. Unendliche Menschenmassen wuselten umher. Offenbar hatte sich ganz China in diesem Bahnhof versammelt. An einem Infoschalter wurde ich zum Ticketschalter Nummer 17 geschickt, den ich sogar zügig fand. Hier wurde umgehend ein englischsprechender Mitarbeiter herbeigeholt, der mir mitteilte, dass hier keine Fahrscheine nach Vietnam verkauft werden. Er schrieb mir dafür einen neuen Zettel auf Englisch und Chinesisch. Darauf stand neben einer Telefonnummer, dass ich zum China-Railways-Buildung laufen müsse. Dort gebe es Fahrkarten nach Hanoi. So stolperte ich los, keine Ahnung habend wo das beschriebene Haus sein soll. Die ersten Passanten, denen ich meinen im mittlerweile strömenden Regen aufgeweichten Zettel zeigte, schickten mich immerhin noch eine Straße entlang. Später waren es ständig andere Richtungen. Nach einem Kilometer Fußmarsch wusste kein Chinese mehr was ich eigentlich will. Ziemlich hilflos stand ich, nunmehr völlig durchnässt, an einer Kreuzung am Rande von Peking mitten im Regen, rund 12 Kilometer vom Zentrum entfernt und wusste zum ersten Mal auf dieser Reise keinen Rat mehr. Nirgendwo gab es Fahrscheine nach Vietnam. Es war zum Verzweifeln. Aber Olli gab nicht auf.

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und beschloss ein letztes Mal meinen aufgeweichten Zettel hervorzukramen und noch einem Chinesen zu zeigen, bevor die darauf notierten Schriftzeichen völlig vom Regenwasser vernichtet werden. Ich traf an der besagten Kreuzung auf eine Frau und ihren zehnjährigen Sohn. Und dann geschah es: Das Wunder! Jeder Fernreisende kennt ihn, diesen Augenblick in dem man das Gefühl gewinnt: Bis hierher und weiter geht es nicht. Sie sprach sogleich Englisch mit mir! Den hämmernden Regen und die klitschnasse Kleidung spürte ich nicht mehr. Als wäre dies nicht genug Glück, rief sie auch umgehend die auf meinem Zettel notierte Telefonnummer an. Nach einem kurzem Sprachwechsel auf Chinesisch schleppte sie mich in ein Büro irgendwo in Peking, wo groß China Railway Travel Service drüber stand. Es war wie eine Erlösung, nach drei Tagen des Umherirrens. An diesem Tag wurden allerdings keine Fahrkarten verkauft (weil Sonntag), ich solle Montag wiederkommen und dabei Geld und Paß mitbringen. Ich habe mich ein gefühltes Dutzend mal bei der Chinesin bedankt!

Am nächsten Tag klappte alles wunderbar, obwohl ich rund drei Stunden später als zum vereinbarten Termin eintraf. Ich fuhr zu besagter Agentur, legte etwas über 2000 Yuan auf den Tisch und bekam nach einiger Zeit meinen Zugfahrschein – mal wieder auch auf Deutsch! Die Details (welche Klasse, oberes oder unteres Bett) klärte ich mit dem extra aus seinem Nickerchen geweckten Chinesen mithilfe von Bildern. Dass ich einen Schlafwagen wollte konnte ich gerade so noch mitteilen. Doch einige Kleinigkeiten waren noch zu meistern: So steht auf meinem Ticket, dass die Fahrt über Pingxiang geht. Nur Sicherheitshalber musste ich fragen, dass ich nicht aus versehen einen Fahrschein nach Nordkorea kaufte. Wenn es ein Chinese ausspricht, klingt es ziemlich nach Pjöngjang. Über der Frage, ob ich im südchinesischen Nanning umsteigen müsste, scheiterten wir beide an sprachlichen Schwierigkeiten, da wir nur über Bilder und meinem chinesischen Zettel kommunizieren konnten. Mein Fahrschein ist übrigens bis GIL ausgestellt. Es kostete enorme Zeit diese Abkürzung zu ermitteln (ohne Google – da in China verboten). Ein altes Thomas Cook-Fahrplanbuch von 2013 löste das Rätsel: Es ist der Hanoi Gia Lam – Bahnhof gemeint! Der Ort des Ticketkaufs war ein schäbiges, verrauchtes Hinterzimmerbüro irgendwo in der Nähe des Westbahnhofs von Peking. In einer Ecke stand ein Aquarium, in dem zwei riesige aber schöne Fische gelangweilt vor sich hinschwammen. Nach rund einer Stunde hatte ich mein Ticket und rauchte mit dem Verkäufer in dessen Büro noch einige Zigaretten, worauf er irgendwann Makor sagte und seinen Daumen noch oben richtete. Ich gab ihm sinngemäß zu verstehen, dass ich (auch unter Aufbietung aller Englisch-, Deutsch- und Russischkenntnisse) keine Ahnung hätte, was ein der oder die Makor sein solle. Er schaute im Internet und präsentierte mir kurz darauf ein Bild der Bundeskanzlerin! Sehr lustig.

Am Nachmittag des vierten Tages konnte nun endlich mein Besichtigungsprogramm starten. Ich wählte als erstes Ziel den Platz des Himmlischen Friedens aus, drei Metrostationen von meiner Unterkunft entfernt gelegen.

Geschichtsmuseum am Tiananmen-Platz

Geschichtsmuseum am Tiananmen-Platz…

... und gegenüber die "Große Halle des Volkes"

… und gegenüber die „Große Halle des Volkes“

Mao-Mausoleum

Mao-Mausoleum

Denkmal der Volkshelden

Denkmal der Volkshelden

Tags darauf besuchte ich die „Verbotene Stadt“, den alten Kaiserpalast Gugong. Hier traf ich später wieder auf die vier Tschechen aus dem Zug von Ulan Bator und auf ein französisches Rentnerpaar aus Paris, die sich sehr nett auf Deutsch mit mir unterhielten. Später erklomm ich einen Hügel im Jingshan-Park, zur Belohnung gab es einen herrlichen Blick auf Peking bei schönstem Wetter.

Im Kaiserpalast

Im Kaiserpalast

Eine etwas weniger überlaufene Ecke des Palastes

Eine etwas weniger überlaufene Ecke des Palastes

Blick vom Jingshan-Park auf die Verbotene Stadt

Blick vom Jingshan-Park auf die Verbotene Stadt

Ein weiteres Problem stellt in China meine Ernährung dar. Das ich mir aus asiatischem Essen nicht allzu viel mache, ist ja weithin bekannt. Dennoch habe ich in der Mongolei meine Instant-Nudeln lieben gelernt und vermisse diese hier ein bisschen. In chinesischen Supermärkten gibt es ähnliche zwar auch, doch muss ich erst einmal wieder eine Sorte finden, die mir schmeckt. Es ist ein wenig wie im Film Das Leben des Brian: Krötenfüße, Otternasen und gebratene Nudeln an jeder Ecke. Meine Rettung war bisher McDonalds, gleichwohl ich mir bereits zwei chinesische Suppen gekauft habe. Abschließend bleibt zum Thema Essen gesagt, das die Gerichte seit der Mongolei stetig schärfer werden, egal wo und was man isst. Von Irina habe ich in Ulan Bator einige asiatische Spezialitäten probiert (Yak-Käse) und mich an andere nicht herangewagt (getrocknete südkoreanische Algen in Scheiben). Eine besondere Spezialität fand ich aber alsbald im Supermarkt:

Kennt jemand ein gutes Rezept ?

Kennt jemand ein gutes Rezept ?

Zum Abschluß des heutigen Berichtes gibt es noch zwei Bilder von der wohl längsten Sehenswürdigkeit der Welt.

Ich auf der Chinesischen Mauer

Ich auf der Chinesischen Mauer

 

Die Mauer bei Mutianyu

Die Mauer bei Mutianyu

Wie immer gilt: Ich freue mich übers Mitlesen und schreibt zahlreiche Kommentare,

Euer Olli

Auf dieser Etappe zurückgelegte Entfernung: ca.  177 Kilometer



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8 Antworten zu “Peking”

  • Rodewischer sagt:

    Hi Olle,
    endlich wieder ein Lebenszeichen von Dir. Den Bericht habe ich sehnsüchtig erwartet und sogleich verschlungen. Ich muss ihn noch 2 bis 3 mal lesen um alle Informationen zu verarbeiten. Eins ist jetzt schon klar : Du brauchst nach dem stressigen Fahrkartenkauf nach Vietnam unbedingt Urlaub :-).

    Heute ist Deine Karte aus Irkutsk vom 26.04.15 angekommen.
    Vielen Dank.

    Lg

  • Bernd sagt:

    Hallo Olli,

    schön, von Dir zu hören und daß es Dir gut geht ! 🙂

    Zwei Fragen bitte:
    1. Von Arbeit, also von Kerstin und Rita: Was ist das auf dem drittletzten Bild von unten überhaupt ? Erst dann könnten sie über die Art der Zubereitung diskutieren. 🙂

    2. Von mir: Hab ich was überlesen ? Wie bist Du von Peking auf die Große Chinesische Mauer gekommen ? Könnten ja paar km entfernt sein, oder ?
    Eventuell Bus ?

    Gruß, Bernd

  • Olli sagt:

    Hallo,

    also die Packung beinhaltet meiner Meinung nach Hühnerfüße. Ist nicht ganz sicher, da ich es nicht lesen kann.

    Zur Mauer bin ich tatsächlich heute mit dem Bus gekommen. Die Tour wurde von meiner Jugendherberge vermittelt. Die Entfernung von Peking zur Großen Mauer beträgt rund 70 Kilometer.

    Olli

  • Bernd sagt:

    Hm, Dank für Antwort.
    Hühnerfüße scheinen mir auf dem Foto etwas groß.
    Zubereitung: Abkochen, auslösen und unter Nudeln mischen.

    Gruß nach Peking, Bernd

  • Rodewischer sagt:

    Muß mal was probieren: 🙂

  • Wigand sagt:

    Wir haben gestern auch Post aus Ekaterinburg bekommen. Vielen Dank dafür! Ich verlinke dir die Postkarte mal als kleine Erinnerung an die Stadt:

    Klick

    Viel Spaß auch noch in der Volksrepublik!

  • Bernd sagt:

    Olli, heut ist Männertag ! Prost !
    „Obs stürmt oder schneit …“

    Gute Weiterreise,

    Gruß, Bernd 🙂

  • Stev sagt:

    Herzlich Willkommen in China mit all seinen Fasetten, sei froh das du nicht geflogen bist da dauert der Papierkram doppelt so lange und wenn das Visum nicht passt wird es dann richtig interessant bin im August wahrscheinlich auch in Peking und in Shanghai 🙂

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