Jekaterinburg – Irkutsk

26 04 2015

+++ 3000 Kilometer in einem Zug +++ Überquerung des Ob und des Jenissej +++ Abenteuer Speisewagen +++ Treffen sich drei Weltreisende +++ In der Straßenbahn von Irkutsk

So, ich habe Jekatarinburg velassen. Nach dem kurzen Spaziergang am Vortag folgte einen Tag später ein längerer Stadtbummel. Unter anderem entdeckte ich den 1905-Platz, das sanierte Rathaus und eine sehr schöne Fußgängerzone, wo mich ein nettes Cafe zur Einkehr zwang. Vorher stand noch der Kauf von Postkarten an, gefolgt von der in jedem Land gleichschwierigen Operation „Briefmarkenbeschaffung“. Erst nach einer Stunde suchen fand ich ein großes Postamt, welches ich nach sage und schreibe 25 Minuten mit 20 Briefmarken für Europa wieder verlassen habe.

Die Warterei am Bahnhof war spät Abends recht nervig, sehr viele Leute standen umher und die Gleise der Züge wurden erst kurz vor Abfahrt bekanntgegeben. Im Abteil traf ich dann wieder sehr nette Leute. Mit mir in Jekaterinburg zugestiegen ist Viktor, Oberstleutnant eines Polizeibataillons aus Krasnojarsk, der in Jekaterinburg eine Konferenz besuchte. Im Abteil war bereits Alexej, Hubschraubermechaniker bei der Armee in Kirow und jetzt auf dem Weg ins heimatliche Tschita. Die Verständigung lief mit Englisch, Zettel, Stift, Wörterbuch und Internet ab. Alexej zeigte stolz Bilder seines Hubschraubers und wie ihn seine Familie zu einem Tag der offenen Tür im Standort besuchte. Ich zeigte den beiden im Gegenzug Bilder meiner bisherigen Reise.

Endlose Steppen zogen am Fenster vorbei (wahlweise gabs auch riesige Birken – oder Nadelwälder) . Oftmals unterbrach auch auf mehreren dutzend Kilometern kein Dorf die Szenerie. In Omsk ergab sich eine 20-minütige Rauchpause. Viktor stellte mir auf dem Bahnsteig zwei seiner Studenten vor, die in Waggon elf reisten. Einer von beiden, Dimitrj, sprach gutes Englisch und übersetzte für uns alle.

Rauchpause am Bahnhof von Omsk

Rauchpause am Bahnhof von Omsk

Die nächste Rauchpause ergab sich erst in Barabinsk, rund 300 Kilometer vor Nowosibirsk. Hier wurde am Bahnsteig vorallem Räucherfisch angeboten. Ehrlich gesagt gab es fast nur geräucherten Fisch. In Omsk stieg Juri in unser Abteil zu, er hat längere Zeit in Münster gearbeitet, sprach dennoch kein Deutsch. Mit Alexej, Viktor, Juri und Dimitrj begebe ich mich am Abend des zweiten Tages in den Speisewagen, nette Unterhaltungen folgten. Juri konnten wir nicht näher kennenlernen, da er bereits nach 1000 Kilometern wieder ausstieg. Das gilt hier fast als Kurzstrecke.

Am Bahnhof von Barabinsk

Am Bahnhof von Barabinsk

In Nowosibirsk ergab sich eine fast 50-minütige Rauchpause, sehr Willkommen. Einen längeren Stopp in Nowosibirsk ließ ich zugunsten von Jekaterinburg aus. Dafür reichte die Zeit aber, um in Nowosibirsk den Bahnhof zu verlassen und uns etwas die Beine zu vertreten und einzukaufen. Da wir Nowosibirsk im Dunkeln erreichten, gelangen leider keine Bilder vom Ob.

 

Vor dem Bahnhof von Nowosibirsk

Vor dem Bahnhof von Nowosibirsk

Mit Viktor und Alexej in Nowosibirsk

Mit Viktor und Alexej in Nowosibirsk

Einmal am Tag wurde vom Speisewagen ein im Fahrpreis inbegriffenes Mittagessen ausgeteilt. Es gab jeden Tag Nudelsuppe gefolgt von einem Hauptgericht. Gestern gabs Schnitzel mit Makkaroni und heute… na seht selbst:

Hühnchen mit Karotten und Reis

Hühnchen mit Karotten und Reis

Gab es bis jetzt in jedem Speisewagen: Soljanka

Gab es bis jetzt in jedem Speisewagen: Soljanka

Viktor und Dimitrj sind bei schönstem Sommerwetter in Krasnojarsk ausgestiegen, wo mir Viktor zum Abschied noch eine Flasche Mineralwasser schenkte. In Krasnojarsk überquerte ich den Jenissej, wovon mir sogar ein Bild gelang. Mir scheint derweil, dass es umso wärmer wird, je weiter ich nach Osten fahre.

Der Jenissej bei Krasnojarsk

Der Jenissej bei Krasnojarsk

Übrigens trage ich seit Jekaterinburg zwei Armbanduhren: Eine zeigt die lokale Zeit an, die andere die Zeit in Moskau. Letztere ist deshalb erforderlich, da die Russische Eisenbahn stets nach der Moskauer Zeit fährt, egal wie spät es tatsächlich in der jeweiligen Zeitzone ist. Sobald man einen Bahnhof in Russland betritt, herrscht Moskau-Zeit. Auch daran musste ich mich erst gewöhnen: Man betritt um 12 Uhr mittags den Bahnhof und kaum ist man drin, ist es 17 Uhr.

Den letzten Abend verbrachte ich komplett im Speisewagen, wo ich Samuel aus Uppsala in Schweden traf. Nach einem Stopp am Baikalsee reist er nach Tokio weiter. Er bot mir an, mit ihm zu reisen. Ein Kumpel von ihm, der in Moskau wohnt, hat einen Cousin in Irkutsk, der ihn heute morgen am Bahnsteig abholte und zum Baikalsee fuhr. Am Ende musste ich doch dankend ablehnen, da mein Hotel in Irkutsk  bereits gebucht ist. Zu späterer Stunde traf ich im Speisewagen auf Patrizia und Kai aus Deutschland, die ebenfalls eine Weltreise unternehmen seit einigen Wochen unterwegs sind.

Den restlichen Abend verbrachte ich mit dem Personal des Speisewagens in der Bordküche, wo auch geraucht wurde (Karacho!). Die Chefin des Speisewagens, eine Reserve-Leutnant der russischen Armee, war sehr freundlich und es wurden durchaus mehrere Bierchen.

Das Personal des Speisewagens und ich

Das Personal des Speisewagens und ich

In der Bordküche des Speisewagens in der Transsib

Meine „Russifizierung“ schreitet voran: In der Bordküche des Speisewagens in der Transsib

Am dritten Tag morgens weckte mich Alexej, rund 70 Kilometer vor Irkutsk. Bei der Schlafwagenschaffnerin gab ich meine Bettwäsche ab und packte meinen Kram zusammen. Am Bahnsteig in Irkutsk traf ich später Kai und Patrizia wieder. Vor dem Bahnhof hielten wir uns noch einige Zeit auf (Geld abheben, Toilette, Zigaretten kaufen) wo wir gegenseitig auf unser Gepäck aufpassten.

Mit Patrizia, Kai und Alexej am Bahnhof von Irkutsk

Mit Patrizia, Kai und Alexej am Bahnhof von Irkutsk

Mit Kai in der Straßenbahn von Irkutsk

Mit Kai in der Straßenbahn von Irkutsk

Weiter ging es mit einer alten Tatra-Straßenbahn in die Stadt. Das Ticket kauften wir beim Kontrolleur in der Bahn, alles kein Problem. An irgendeiner Station bin ich ausgestiegen und habe mich erfolgreich zu meiner Unterkunft durchgefragt. Ich wohne in der Gagarin-Straße 44, mit super Blick auf den Angara-Fluss.

So, dass wars für heute, Bilder von Irkutsk (und vielleicht Baikalsee) folgen.

Euer Olli

Auf dieser Etappe zurückgelegte Entfernung: 3375 Kilometer

Entfernung von Moskau: 5191 Kilometer

Entfernung von Auerbach: 7288 Kilometer



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2 Antworten zu “Jekaterinburg – Irkutsk”

  • Rodewischer sagt:

    Wow, lange auf den schönen Bericht gewartet und voll entschädigt wurden.
    In Tatrastraßenbahnen kennst Du Dich ja prima aus :-).

    Weiterhin tolle Erlebnisse und tolle Bekanntschaften.

    Wir fiebern dem nächsten Bericht entgegen.

    Gaaanz liebe Grüße

    U. und S.

  • Natalia sagt:

    Hallo Olli, sehr interessant schreibst du hier. Ich beneide dich fast um so eine tolle Reise. Ich finde sehr gut, wenn Menschen, so wie du, aufgeschlossen und mutig sind und versuchen alles, was geht, mit eigenen Augen zu sehen. Ich bin auch schon von Moskau nach Bladiwostok gereist, aber in meiner Kindheit, jetzt ist vieles bestimmt anderes. Umso mehr habe ich mich heute gefreut, in deinem Blog zu lesen. Ich wünsche dir eine schöne Reise und viele interessanten Menschen kennenzulernen.
    Grüße von Natalia

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